'www.vampir-tv.de'

Titel: 'www.vampir-tv.de'

Genre: Vampir-Horror (56 Seiten)
Autor: Kevin Kress
Lektorat: Barbara Jung
Cover- und Fotogestaltung: Sebastian Kudras 
Fotomodel: Nina Bergholz
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Copyright 2004 Kevin Kress

ISBN: 3-8334-1423-5

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Inhalt:

Eine geheimnisvolle, junge Frau macht dem selbstmordgefährdeten, psychotischen Marc ein einmaliges Geschenk. Sie verwandelt ihn in einen Vampir. Berauscht und fast wahnsinnig von der neuen Macht, lässt er seinen psychotischen Wahn Wirklichkeit werden. Er lockt seine Opfer in seine Wohnung und tötet sie dort auf grausame Art und Weise vor laufenden Kameras. Schon bald schauen Hunderte dem Vampir übers Internet dabei zu. 
Anschließend an den Text, der durch autobiographische Erfahrungen inspiriert wurde, erklärt der Autor seine Intention, und die Parallelen der Geschichte zu dem Verlauf der Psychose, die er im Alter von 21 Jahren selbst erlebt hat. 

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Leseprobe:

Marcs Traum 
Marc schritt durch das große Herrenhaus. Die Wände in dem Flur, in dem er sich befand, waren mit Gemälden behängt. Einige Türen zweigten vom Gang ab, aber er strebte woanders hin. Er wollte die Treppe erreichen, die am Ende des Flurs in das nächsthöhere Stockwerk führte. Er betrat die erste Stufe, sie knarrte leise unter seinem Gewicht, genauso wie die anderen Stufen, die er nun langsam hinaufschritt. Am Ende der Treppe angekommen, stand er vor einer Tür. Sie war aus Holz und weiß angestrichen. Er drückte die silberne Klinke herunter und betrat den folgenden Raum.
Ein Badezimmer, die Wände und der Boden waren gefliest. An der rechten Wand stand ein großes Waschbecken mit goldenen Armaturen. Ihm gegenüber stand eine Badewanne, und davor stand Soren. Sie war nackt. Er betrachtete ihren üppigen Busen, ihre Vagina, die von wenigen, kurz geschnittenen Haaren bedeckt wurde, und ihre langen Beine. Ihre Haut war blass, was Marc gefiel. Weiße Haut hatte etwas Edles in seinen Augen.
Sorens Blick war gesenkt. Sie konzentrierte sich darauf, den Schlauch der Magensonde zu bandagieren, der ihr aus der Bauchdecke hing. Als sie Marcs Anwesenheit bemerkte, sah sie ihn an und lächelte mit ihren vollen Lippen. Sie breitete einladend ihre Arme aus. Marc kam der Einladung nach und näherte sich langsam, wie in Trance der nackten, jungen Frau. Er umarmte sie und spürte ihren Busen, der sich an seine Brust anschmiegte. Die körperliche Nähe erregte ihn. Doch dann änderte sich die Stimmung plötzlich. Soren brach zusammen, sie war nicht mehr im Stande zu stehen. Marc hatte Schwierigkeiten, sie zu halten, damit sie nicht auf die harten Fliesen aufschlug. Er wollte irgendetwas beruhigendes sagen und schaute sie an. Aber Soren war tot. Sie starrte ihn aus leeren, schwarzen Augen an. Ihre Haut war aschfahl, gräulich. Er konnte ihren Körper nicht mehr halten und fiel rückwärts hin. Soren sackte zusammen und schlug gegen die Wanne. Ihr Oberkörper war aufgerichtet. Der Schlauch der Magensonde hing schlaff herunter, und sie starrte ihn weiter an. Er konnte sich dem Blick nicht entziehen. Unkontrolliert begann Marc zu zittern. Er wurde heftig geschüttelt, wie bei einem Krampfanfall. Er war machtlos, konnte nichts tun, außer liegen und zittern, und er konnte den Blick nicht von diesen leeren, toten Augen abwenden, die ihn durchdringend anstarrten ...

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Rezensionen/Kritiken

(Rezension von Heshthot Sordul)

Der durch Drogenkonsum an einer Psychose erkrankte Marc lernt in der Psychiatrie Linda kennen, eine Patientin, die an Depressionen und dem Borderline-Syndrom leidet. Beide verlieben sich ineinander und ziehen nach ihrer Entlassung zusammen.

Doch anders als Marc ist Linda keineswegs endgültig von ihrer Krankheit geheilt und nimmt sich in einer depressiven Phase das Leben. Marc sieht nun keinen Sinn mehr in seinem eigenen Leben und versucht einen Suizid.

Ausgerechnet Soren, ein hübscher weiblicher Vampir rettet ihm das Leben und macht Marc zu einem ihresgleichen, bleibt allerdings nicht bei ihm, sondern überlässt ihn seinem Schicksal.

Nun mit den Kräften eines Vampirs ausgestattet, tobt Marc all das aus, was ihn als Mensch in die Psychiatrie gebracht hat. Er nimmt wieder Drogen und geht auf  Menschenjagd. Doch das ist dem Vampir nicht genug. Über eine Webcam lässt er die Welt via Internet an seinem tödlichen Treiben teilhaben. Ihm reicht es nicht, seine Opfer auf brutalste Art und Weise zu töten, um sich an deren Blut zu laben, er sucht auch noch den zweifelhaften Ruhm, welchen ihm seine Website 'www.vampir-tv.de' einbringt. Erst als die von ihrer Beziehung enttäuschte Mara dem Vampir auf die Schliche kommt und dessen Wohnung ausfindig macht, rächt sich Marcs Gier nach Ruhm.

 Bei der Geschichte von Kevin Kress, handelt es sich mehr um eine etwas längere Kurzgeschichte, allenfalls um eine Novelle. Um sein Werk Roman nennen zu können reichen 38 mit Text versehene Seiten (inklusive Nachwort des Autors) nicht wirklich aus. Zumal es sich bei dem Text nicht gerade um eine kleine Schriftgröße handelt.

Doch wer gute und sinnige Kurzgeschichten mag, kommt bei 'www.vampir-tv.de' auf jeden Fall voll auf seine Kosten. Nach dem Motto "Kress schreibt krass" mordet der Protagonist sich unter den Augen interessierter Beobachter seiner Website blutigst durch sein Unleben. Und doch darf man diese Geschichte nicht in die Splatterecke drängen, denn die Story macht trotz ihrer blutigen Brutalität durchaus Sinn. Im Nachwort schildert der Autor dann auch genau die Parallelen der einzelnen Kapitel zum Verlauf der Psychose, welche er selbst durchlitten hat und spätestens dann wird klar, wie brutal solch eine durch Drogenkonsum entstandene psychische Krankheit tatsächlich ist. So regt die Story im nachhinein zum Überlegen an, was den brutalen, doch durchaus gelungenen, Schreibstil rechtfertigt.

Alles in allem eine lesenswerte Geschichte, bei welcher die Handlung derart komprimiert ist, dass bei keinem Satz Langeweile aufkommt. Und da sie auch noch dem Thema entsprechend sehr ansehend verpackt und zu einem wirklich moderaten Preis zu haben ist, kann ich sie wirklich nur empfehlen.

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Legacy, 04/2004, Nr.32, Aug./Sep.
Marc liegt auf den Gleisen, aus seinem Discman dröhnt Marilyn Manson, und er wartet auf den sich nähernden Zug. Drogenkonsum, seine Psychose und der Selbstmord seiner Freundin haben ihn schließlich hierher gebracht. Doch in letzter Minute ereilt ihn ein ganz anderer Tod als geplant. Soren, ein Kind der Nacht, macht ihn zu ihresgleichen. Berauscht durch die ungeheuerliche Macht die ihm zuteil wurde, lebt Marc sein Vampirdasein in vollen Zügen aus. Er geht sogar soweit, die Wahnvorstellungen seiner Psychose Wirklichkeit werden zu lassen. Er lockt die Opfer in seine Wohnung und tötet sie vor laufenden Kameras. Schon bald hat er eine stetig wachsende Fangemeinde: Willkommen bei "www.vampir-tv.de". Das Erstlingswerk von Kevin Kress beeindruckt nicht nur durch seine ungeschminkten Beschreibungen, sondern durch den autobiografischen Anteil. Die Geschichte fesselt von Anfang an und ab und zu bekommt man eine Gänsehaut oder ein leichtes Übelkeitsgefühl. Zum einen handelt die Geschichte von Vampiren, zum anderen zeigt sie Parallelen zu dem Verlauf der Psychose, die der Autor selbst erlebt hat. Am Ende des Buches nimmt der Autor selber dazu Stellung und erklärt die Zusammenhänge. Außerdem zeigt der Kurzroman, zu welchem Mißbrauch das Internet genutzt werden kann und wie weit es mit unserem Medienkonsum gekommen ist. Die Zuschauer sind von den bizarren und brutalen Szenen so fasziniert, dass sie sich jeden Abend erneut ins Netz begeben, nicht wissend oder ignorierend, dass die Bilder echt sein könnten. Wer zart besaitet ist, sollte diesen Kurzroman nicht vorm Schlafengehen lesen. (JST)
Legacy 

Obliveon Online-Magazin, Aug./Sep. 2004 (www.obliveon.de)
In “www.vampir-tv.de” verarbeitet Nachwuchsautor Kevin Kress seine eigene Psychose, an der er in jungen Jahren erkrankte und die er mit Hilfe von Therapeuten und Psychologen überwinden konnte. Optische und akkustische Halluzinationen sowie Verfolgungswahn, ausgelöst durch vermeintlich installierte Kameras in der eigenen Wohnung, die das Leben und die Lebensqualität nachhaltig beeinflusst und für Kress schier unerträglich gemacht haben. „www.vampir-tv.de“ greift dieses Thema im Rahmen einer modernen Vampirstory auf, wobei Marc, selbstmordgefährdet und psychotisch, durch eine geheimnisvolle Frau zum Vampir gemacht, nun beginnt, seine Wahnvorstellungen Realität werden zu lassen und mit Hilfe von Webcams, die das Geschehen zeitgleich ins Internet übertragen, die Menschen an seinen blutigen Gewaltakten und den Morden teilhaben zu lassen, bis Mara, die durch einen Freund auf diese makabre Geschehen im Internet aufmerksam gemacht wurde und Marc auf der Strasse erkennt, diesen Gewaltorgien eine Ende setzt. 
Mit sprachlich einfachen Mitteln gelingt es Kress den Leser zu fesseln und ihn für das Thema der Psychose und dem Missbrauch von Drogen auch über den Roman hinaus zu interessieren. Manches Mal würde man sich als Leser jedoch wünschen, die Konturen der einzelnen Charaktere wären noch stärker herausgearbeitet und auch die innere Zerrissenheit Marcs zwischen hemmungslosen Orgien der Gewalt und seinem vermeintlich unausweichlichem Schicksal als lebender Toter in der Allegorie des in der Psychose Gefangenen würde mehr Beachtung finden und noch stärker in den Vordergrund treten. So mag „www.vampir-tv.de“ seine therapeutische Wirkung auf Kress vollends hat entfalten können, für den Leser wird dieser Bezug erst durch die nachgefügten, auf jedes einzelne Kapitel bezogenen Erläuterungen deutlich, was bei der Ernsthaftigkeit dieses Thema unvermeidlich sein sollte, aber bereits durch die Geschichte an sich deutlich werden sollte. Für ein Erstlingswerk jedoch ist „www.vampir-tv.de“ eine durchaus kurzweilige und zum Nachdenken anregende Angelegenheit, die das Talent des Autors deutlich macht. Das Buch ist bei „Books On Demand“ erschienen und über ISBN: 3-8334-1423-5 im Fachhandel zu beziehen. (Michael Kuhlen)

Orkus, Nr. 10, Oktober 2004
Als Marc sich in dieser Nacht auf die Bahngleise legt, ist er bereits zu sterben. Manson dröhnt in voller Lautstärke aus seinem Kopfhörer, das Vibrieren der Gleise wird stärker - er empfindet keine Angst. Am nächsten Morgen ist er tot und auch wieder nicht. Erwacht in seinem Zimmer, als wäre nichts geschehen. War alles nur ein Traum? Diese wunderschöne, unbekannte Frau? Soren? "Halte dich vom Sonnenlicht fern!", verkündet ein kleiner Zettel auf dem Küchentisch, und nur wenig später wird ihm die Bedeutung desselben klar: Er war zum Vampir geworden. Sein übermäßiger Drang nach Ruhm läßt ihn nicht lange nachts durch die Parks streifen. Die Menschen sollen sehen, was er ist. Seine Macht spüren. Und fortan zeigt www.vampir-tv.de jede Nacht sein lüsternes Treiben: anlocken, verführen, benutzen, töten. Jede Nacht, bis er Mara begegnet - einem jungen Mädchen, bereit zu sterben, zu sein, was er ist. Klingt spannend, ist es aber leider nur bedingt. Was Autor Kevin Kress in seinem Buch mit etwas holprigem Schreibstil erzählt, zeigt sich ziemlich schnell als blutrünstige, durchaus interessante, aber häufig doch vorhersehbare Vampirgeschichte. Wirklich spannend wird www.vampir-tv.de erst durch das Nachwort, in welchem Kress eine Verbindung der Geschichte zu seiner durchlittenen Psychose herstellt und dem Kurzroman somit völlig neue Facetten, Informationen über den Verlauf der Krankheit und Hinweise für Betroffene gibt. Ohne dieses Kapitel wäre ich geeignet, dieses Buch als ein bedeutungsloses Werk unter vielen abzutun, doch so und vor allem auch nach einem Besuch der tatsächlich existierenden Website erscheint der Preis von 5,99 Euro als durchaus lohnende Investition. Books on Demand, ISBN 3-8334-1423-5. (Doreen Krase)
Orkus 

Skript für eine Rezension in der Sparte "Moderne Kurzprosa" der Zeitschrift "Diskussion Literaturwissenschaft" (1/2005)
Titel: www.vampir-tv.de, books-on-demand, 2004
"Kevin Kress ist mit www.vampir-tv.de ein überzeugender kleiner trivial-literarischer Spiegel seiner Generation geglückt. Der Autor besinnt sich in einer Zeit, in der die Literaturlandschaft mit autobiographischen Büchern gesättigt ist (Bohlen, Becker und Co.) auf die Tugend einer fiktionalen Erzählung. Der Clou dabei ist, dass die Geschichte nur locker an eigene Erfahrungen geknüpft ist, aber auch ohne diese Zusatzinformationen das erreicht, was der Autor zu bezwecken scheint: kurzweilige Unterhaltung. Trotz einiger Klischees ("Stadtpark", "gefährliche Skins" und "Rauchen nach dem Sex") ist das Kernmotiv der Geschichte neuartig und interessant: Das traditionelle Vampir-Bild (Bram Stoker etc...) als Symbol für die Macht und Wirkung einer Psychose. Dieses Vampirmotiv wird in das 21. Jahrhundert eingelagert und damit in den Kontext unserer anonymen (der Vampir kann quasi-anonym seine Beute unbemerkt jagen und erlegen) Informationsgesellschaft (eine zentrale Rolle spielt das Medium Computer) gestellt. www.vampir-tv.de: Lesenswert für all die Leser, die sich ohne Vorurteile auf ein unkonventionelles Bild des medial geformten Bewußtseins der Generation des Autors einlassen wollen, ohne ein formelles Kunstwerk zu erwarten sowie im speziellen für Leser, die sich mit dem literarischen Erlebnisbericht einer Psychose auseinandersetzen möchten. " 
Christian K. (freier Mitarbeiter für die Bereiche Literaturwiss./Linguistik bei der Studentenpresse Münster)