(Copyright by Marco de Sadrivout )

Nachtgebet

Wenn nachts im Schlaf die Welt entschwebt,
Schwarzer Samt hüllt alles ein,
Mein Körper sich zur Luft erhebt,
Es schwebt mein kalt’ Gebein.

Ich komm’ zum Fenster nachts zu dir,
Schlüpfe zu dir nachts ins Bett,
Lieg darnieder und es scheint mir,
Flüsterst du wohl ein Gebet.

Sanft mein Körper dich bedeckt, als
Leise stöhnst du auf im Schlaf,
Dann süß mein Kuß auf deinem Hals,
Spürst du meine Zähne scharf.

Meine Lippen, die dich küssen,
Meine Zähne, scharf und lang,
Wirst dein Leben lassen müssen,
Wartest auf dein Ende bang.

Ich umarm dich, ich halt dich fest,
Trink dein Leben, süß und rot,
Und ich trinke, trink bis zum Rest,
Übergebe dich dem Tod.

Allein unter Fremden

Wenn ich spazieren gehe,
Dann gehe ich allein.
Die Menschen, die ich sehe,
Berühren sie mich? Nein!

Fremd, so sind sie für mich,
Zur Gänze unerkannt.

Unter Fremden bin ich allein,
Bin hier, und dann doch nicht,
Wo bin ich denn nur daheim,
Wo brennt für mich ein Licht?

Fern von hier

Aus der Ferne seh ich dich,
Werde dabei immer stummer,
Und dabei verlier ich mich,
Sinke tiefer, in den Kummer.

Aus der Ferne spür ich dich,
Will dir in die Augen schaun,
Und umarmen möchte ich
Dich, küssen wie im Traum.

Aus der Ferne hör ich dich,
Hör dich und spür dein Lachen,
Dir nah sein möchte ich,
Möchte’ deinen Schlaf bewachen.

Viel zu fern bist du für mich,
Und die Sehnsucht brennt in mir,
Wärst du nah, so würde ich
Meine Liebe beichten dir.

Diese Nacht

Als ich deinen Blick geschaut,
Da war’s um mich gescheh’n,
Hast mir den Verstand geklaut,
Doch sollt’ sie nie vergeh’n,
Diese Nacht, als ich gewacht,
Und zärtlich dich berührt,
Als, liebtrunken ich gemacht,
Und deine Näh gespürt,
Dich dort in den Schlaf gewiegt.

Im Schneesturm

Weißflockig weiche Pracht sinkt herab,
Deckt die Landschaft unter sich,
Deckt ein Leichentuch, hüllt ein das Grab,
Verhüllt die Trauer, verhüllt mich.

Einsam wandert durch die Gassen
Meine Seele, unbefreit,
Kann sich nicht dem Tode lassen,
Kann nicht, ist noch nicht bereit.

Ach, mein Herz, es wünscht’ es sehr,
Sich ihm gänzlich hinzugeben,
Denn so oft im Tränenmeer
Versinkt mein dornenrankig’ Leben.

Oft gefordert, oft getäuscht,
Ungeliebt, allein gelassen,
Nur gehaßt, und nur getäuscht,
Wie könnte ich nicht alles hassen?

Wo ist der Engel, der mich rettet?
Der mir deckt die Trauer zu?
Wo ist der Engel, der mich bettet

An seine Seite – Wo bist du?